Die „W“-Fragen zur Industriefotografie
Wie unterscheidet sich die Arbeit eines Industriefotografen von einem Werbe- oder Modefotografen?
Stellen Sie sich vor: Sie sind auf einem Fotoshooting. Das Setting? Eine glamouröse Strandlocation, Models in maßgeschneiderten Outfits posieren elegant vor der Kamera. Der Werbefotograf steuert die Szene, das Licht ist perfekt, und alles läuft wie geschmiert. Jetzt schneiden wir zu einem anderen Shooting: Ein Industriefotograf steht in einer riesigen, lauten Fabrikhalle, umgeben von Maschinen, die klingen, als könnten sie ein Raumschiff bauen. Der Schweiß fließt – und zwar wortwörtlich, denn hier geht’s nicht um Models in Sommerkleidern, sondern um tonnenschwere Maschinen, die keine Miene verziehen.
Willkommen in der Welt des Industriefotografen – der leise Held hinter der Linse, der Maschinen sexy aussehen lässt. Aber wie genau unterscheidet sich seine Arbeit von der eines Werbe- oder Modefotografen? Tauchen wir ein!
Das „Model“ des Industriefotografen: Schwer, stumm und emotionslos
Fangen wir mal ganz simpel an: Der Industriefotograf hat selten Models vor der Kamera. Keine High Heels, keine Designeranzüge, kein flirtender Augenaufschlag – stattdessen gibt es Maschinen, Rohstoffe und manchmal – wenn’s ganz gut läuft – einen Arbeiter im Blaumann. Der Werbe- oder Modefotograf hingegen arbeitet mit Menschen, die auf Kommando lächeln, posieren und sich von ihrer Schokoladenseite zeigen.
Während der Modefotograf also sagt: „Ja, Darling, gib mir mehr Glamour!“, steht der Industriefotograf vor einem 20-Tonnen-Bagger und flüstert leise: „Ja, das ist schon ziemlich… massiv.“ Die größte Herausforderung besteht darin, eine tonnenschwere Maschine oder einen metallischen Produktionsprozess so abzulichten, dass er nicht nur funktioniert, sondern auch ein bisschen, naja, sexy wirkt. Und das ganz ohne Make-up-Artist!
Location, Location, Location
Der Modefotograf hat es häufig ziemlich gut: atemberaubende Strände, urbane Skylines oder luxuriöse Studios. Alles ist sauber, aufgeräumt, und im Notfall gibt es immer noch einen Assistenten, der den Ventilator genau richtig auf das wehende Haar des Models richtet. Der Industriefotograf hingegen findet sich oft in weniger idyllischen Umgebungen wieder: staubige Baustellen, enge Fabrikhallen oder laute Produktionsstätten. Das Geräusch von Maschinen und das Klirren von Metall sind hier der Soundtrack.
Man kann sagen, der Industriefotograf ist der MacGyver der Fotografie. Er muss oft vor Ort improvisieren und sich an Bedingungen anpassen, die der Werbefotograf nur aus Alpträumen kennt. „Oh, du hast nur diffuses Licht und Stahlträger im Bild? Kein Problem!“, sagt der Industriefotograf und packt seine Spezialausrüstung aus, während der Modefotograf wahrscheinlich sein Assistententeam anweist, „mehr Licht! Mehr Wind!“ zu holen.
Die Klamottenfrage
Während der Modefotograf umgeben ist von Designerkleidung, glamourösen Outfits und den neuesten Trends, trägt der Industriefotograf eine ganz andere Art von „Mode“: Sicherheitsschuhe, Helm und vielleicht eine Schutzbrille. Anstatt Models zu stylen, muss er sich mit Sicherheitsvorschriften auseinandersetzen und dafür sorgen, dass er bei seinem Shooting nicht aus Versehen von einem Schweißroboter umgerannt wird. Modefotografen haben oft Stylisten, die dafür sorgen, dass der Look des Models sitzt. Der Industriefotograf sorgt dafür, dass seine Schutzkleidung sitzt – und dass er trotzdem das perfekte Bild einfängt.
Erzähl mir eine Geschichte… über Zahnräder
Mode- und Werbefotografie zielt oft darauf ab, Emotionen zu wecken: Ein Kleid soll Begeisterung und Glamour ausstrahlen, ein Parfümfoto soll Sinnlichkeit und Luxus vermitteln. Hier geht es um Gefühle, Träume und Fantasien.
Der Industriefotograf hingegen erzählt eine ganz andere Art von Geschichte. Er bringt Menschen dazu, die Funktionsweise und die Leistung eines Produkts zu verstehen. Wenn ein Foto von einer Maschine oder einem Fertigungsprozess den Betrachter dazu bringt, sich zu fragen: „Wow, wie genau funktioniert das eigentlich?“, dann hat der Industriefotograf alles richtig gemacht. Es geht darum, die „Coolness“ von Technologie zu zeigen, ohne dabei künstlich oder übertrieben zu wirken.
Technische Ansprüche: Vom Blitzlicht zur Schwerindustrie
Werbe- und Modefotografen arbeiten häufig mit aufwändiger Beleuchtung, Reflektoren und Inszenierungen. Jedes Detail muss stimmen, von der Frisur des Models bis zur Platzierung des Produktes. Der Industriefotograf hingegen muss oft mit den vorhandenen Lichtverhältnissen und extremen Größenunterschieden umgehen. Er fotografiert Maschinen, die locker mal so groß sind wie ein kleines Gebäude, und trotzdem muss jedes Detail erkennbar sein.
Das bedeutet, der Industriefotograf benötigt nicht nur ein tiefes Verständnis für Fotografie, sondern auch für die Maschinen und Prozesse, die er ablichtet. Er muss wissen, wann eine Maschine am besten „in Aktion“ fotografiert werden kann und welche Details für das Bild entscheidend sind. Der Modefotograf konzentriert sich auf Schönheit und Stil, der Industriefotograf auf Funktion und Präzision.
Der Zeitfaktor: Geduld ist (manchmal) eine Tugend
In der Modefotografie werden Shootings oft sorgfältig geplant, und das Model wechselt innerhalb weniger Minuten von einem Look zum nächsten. Der Industriefotograf hat es da ein wenig schwieriger: Er wartet manchmal stundenlang, bis die Maschine die perfekte Position erreicht, oder der Produktionsprozess genau den Punkt erreicht, an dem das Foto gemacht werden kann. Hier kann man nicht einfach sagen: „Kann die Maschine das nochmal machen, aber mit ein bisschen mehr Elan?“ – Maschinen sind stur und bewegen sich nicht auf Kommando.
Welten, die nicht unterschiedlicher sein könnten
Während Mode- und Werbefotografen in einer Welt arbeiten, die von Schönheit, Stil und Emotionen geprägt ist, bewegt sich der Industriefotograf in einer ganz anderen Sphäre. Seine Welt ist laut, technisch und oft unvorhersehbar – aber sie hat ihren ganz eigenen Reiz. Denn wo sonst können Sie einen Roboter ablichten, der präzise Metallteile formt, und sich dabei ein bisschen wie ein Entdecker in einer futuristischen Hightech-Welt fühlen?
Die Arbeit eines Industriefotografen unterscheidet sich grundlegend von der eines Mode- oder Werbefotografen, aber das macht sie nicht weniger faszinierend – im Gegenteil! Jeder Maschinenkolben und jede Produktionsstraße hat ihre eigene Geschichte zu erzählen, und der Industriefotograf ist derjenige, der sie visuell in Szene setzt – ohne Glitzer, aber mit jeder Menge Power.